Zurück zu Hause. Ein Blick zurück und einer nach vorne.

Blick auf den Atitlán-See in Guatemala.

Heute ist Freitag, der 6. März 2020.

Heute vor genau drei Jahren starteten wir in unsere große Reise; voller Vorfreude, voller Unwissen über die kommenden vielen Monate. Ein Jahr lang wollten wir unterwegs sein und wie ihr wisst, wurde es ein wenig länger. 34 Monate waren es schließlich, die wir ohne Flugzeug einmal um die Erde reisten.

So viel ist in diesen 2 Jahren und 10 Monaten passiert, dass es unmöglich ist, das alles aufzuzählen. Und das müssen wir auch gar nicht. Drei schöne Aspekte der Reise erscheinen mir vor meinem inneren Auge, wenn ich an die Monate des Unterwegsseins denke:

Der stete Wechsel zwischen Unterwegssein und Verweilen an einem Ort. Eindrücke im Gegensatz zu Routine. Im ersten halben Jahr waren wir noch voller Elan, blieben kaum mehr als drei Nächte an einer Station. Irgendwann wurde uns das zu anstrengend, wir wurden langsamer und langsamer. In den letzten Monaten blieben wir meist mindestens drei Nächte an einem Ort, lieber länger. Die längste Zeit an der gleichen Stelle verbrachten wir bei unserem House Sit in Guatemala, wo wir einen Monat lang mit drei Hunden und einer Katze das Haus ihres Besitzers hüteten. Je mehr Eindrücke wir auf der Reise sammeln durften, desto attraktiver wurde es, für eine bestimmte Zeit mal wieder eine Routine zu entwickeln und einfach mal nichts Neues zu erleben.

Die täglichen Begegnungen und Gespräche mit Menschen. Wir lernten Bruchstücke in unterschiedlichen Sprachen, konnten irgendwann den Smalltalk auf Russisch bestreiten und wurden Profis im Kommunizieren mit Händen und Füßen. Und trotzdem erlebten wir, wie bereichernd es ist, die Sprache des Landes besser zu beherrschen und wie sehr diese Sprache den Zugang zu den Menschen erleichtert. Tiefergehende Unterhaltungen, die über Smalltalk und Dinge des täglichen Lebens hinausgehen, werden möglich.

Die Schönheit unserer Erde. Mit eigenen Augen durften wir die bizarren Bergwelten von Karakorum und Himalaya sehen, bewunderten die kargen Hochebenen des Pamir-Plateaus, des tibetischen Hochlands oder Nordmexikos. Erlebten Regen- und Nebelwälder in Mittelamerika, aktive Vulkane in Guatemala und Nicaragua. Sahen Dromedare, Yaks, Faultiere, Wale, und und und. Pflückten Bananen, Mangos, Avocados und Kakao. Zelteten an wunderschönen Stränden und staunten über die unendlichen Weiten der Weltmeere Pazifik und Atlantik.

Diese Liste ließe sich lange fortsetzen…

Eine Collage von vielen Begegnungen unserer Weltreise ohne Flugzeug.
Einen minimalen Ausschnitt unzähliger Begegnungen zeigt diese Collage

Heute ist Freitag, der 6. März 2020.

Heute vor knapp drei Monaten kamen wir wieder zu Hause an. Liefen die bekannten Meter vom Bahnhof zum Haus meiner Eltern. Standen auf einmal im so vertrauten Hausflur und stellten unser Gepäck ab. Zurück zu Hause. Ein schönes, aber auch komisches Gefühl. Einiges hatte sich verändert. Aber vieles war gleich geblieben.

Wir kamen kurz vor Weihnachten an und rückblickend glaube ich, dass das ein guter Zeitpunkt war. Treffen mit Freunden standen vor der Türe, die Familie kam zusammen, unsere Tage waren gut gefüllt. Da war wenig Zeit, um in das berühmt-berüchtigte „Loch“ zu fallen.

Trotzdem steht unser Sein hier in Deutschland nun in einem anderen Kontext als während unserer Reise. Waren in den letzten knapp drei Jahren die Fragen meist „Wo kommt ihr gerade her? Wohin reist ihr als nächstes?“, so ist die am häufigsten gestellte Frage nun „Was wollt ihr jetzt machen?“. Auch wenn wir versuchen, uns von dem arbeitsorientierten Lebensrhythmus in Deutschland nicht zu schnell wieder vereinnahmen zu lassen und uns Zeit zu geben, zu spüren, was wir jetzt nach der Reise wirklich wollen, so ist das schwer. „Du bist, was du arbeitest.“ Alle arbeiten. Alle folgen dem Lebensrhythmus von Arbeitstagen vs. zwei Tage Freizeit. Ich kenne außerhalb des Kreises unserer Reisefreunde niemanden, der sich für ein alternatives Lebens- und Arbeitsmodell entschieden hat. Nicht, dass ich nicht arbeiten möchte, es ist mir nach der Reise nur noch wichtiger, mir zu überlegen, mit welcher Tätigkeit ich eigentlich meine Tage und damit mein Leben verbringe. Und es ist auch nicht so, dass wir nichts arbeiten würden, im Gegenteil, nur werden wir für unsere vielfältigen Aufgaben nur in Teilen bezahlt und machen vieles für uns selbst, zum Ausprobieren und zum Lernen.

Sebastian macht bean-to-bar-Schokolade.
Eine unserer vielen momentanen Beschäftigungen ist die Herstellung von Schokolade! Bean-to-bar, von der Bohne bis zur Tafel, wird dieser Ansatz genannt. Seit unserem Besuch auf der Finca El Girasol in Nicaragua ist es Sebastians Wunsch, aus Kakaobohnen Schokolade zu machen und bereits dieser erste Versuch kann sich sehen lassen. Und schmecken tut er auch! 🙂

Nach nun fast drei Monaten zu Hause wird mir die Frage seltener gestellt, was wir jetzt machen möchten. Wo ich mich beruflich sehe. Vielleicht haben sich so langsam alle daran gewöhnt, dass wir einfach wieder da sind und vergessen, dass wir gerade keiner Beschäftigung im klassischen Sinne nachgehen. So auch wie mit unserer Reise. In den ersten zwei Wochen nach der Rückkehr wurden wir noch gefragt über Erlebnisse, über Momente der Reise. Mittlerweile ist das fast kein Thema mehr. Und das ist kein Vorwurf an Freunde und Familie, das ist einfach nur eine Beobachtung.

Vielleicht auch genau aus diesem Grund machen mir unsere Vorträge bei Reisefestivals so viel Spaß. Weil wir hier nochmal in den Erinnerungen an unsere Reise schwelgen, uns mit anderen Reisenden austauschen können. So werden diese letzten drei Jahre wieder zur Realität. Denn jetzt sitze ich manchmal da und frage mich, ob diese Reise eigentlich real war? Ob wir wirklich unterwegs waren? Ob wir wirklich so viele Menschen kennenlernen durften? Wirklich in den Krater eines aktiven Vulkans geblickt haben? Wirklich zwei Meere überquerten? Heute fühlt sich das alles sehr unwirklich an und bereits drei Monate nach unserer Rückkehr so weit weg.

Und nun? Was soll als Nächstes kommen? Eine gute Frage, auf die wir noch keine befriedigende Antwort gefunden haben. Was ich für mich weiß, ist, dass ich nicht durchs viele Reisen entwurzelt sein möchte, dass ich nicht in zwanzig, dreißig Jahren überlegen muss, wo eigentlich meine Heimat ist. Aus diesem Grund spricht vieles für mich dafür, mir jetzt ein bisschen Mühe zu geben, erstmal wieder zu Hause anzukommen, dieses Heimatgefühl zu pflegen und dann irgendwann an eine neue Reise zu denken.

Denn so sehr ich das Leben in Deutschland schätze, die Nähe zu meinen Freunden und meiner Familie, das Kommunizieren in meiner Muttersprache, das Trinkwasser aus dem Leitungshahn, so sehr sehne ich mich auch nach der Ferne, nach dem Unbekannten, nach den Herausforderungen des Reisens.

Blick auf die Stiftskirche in Herrenberg.
Was ist zu Hause, was ist Heimat? Je mehr ich unterwegs bin, desto mehr beschäftige ich mich mit dieser Frage.

Du möchtest live von unserer Reise hören? Am 20. März gibt es in Augsburg die nächste Chance dazu. Alle Infos zu diesem Vortrag und weiteren geplanten Veranstaltungen gibt es nun auf einer neuen Seite auf dem Blog. Und wenn nicht noch alle wegen Corona ausfallen, dann freuen wir uns sehr, dich bei einer dieser Veranstaltungen zu treffen! Dein Ort ist nicht dabei oder das Datum passt nicht zu deinem Terminkalender? Dann lade uns als Referenten zu dir ein, wir kommen gerne auch in deine Stadt!

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Hinweis: Dieser Artikel enthält Werbung.

4 Comments

  1. Danke für den Einblick in eure Gedankenwelt! Die Schokolade sieht fantastisch aus! Jetzt will ich auch nach Nicaragua und bean-to-bar lernen ?❤️

    1. Danke liebe Anna! Nicaragua können wir absolut empfehlen, vielleicht führt euch euer Weg ja doch noch nach Süden?! In bean-to-bar haben wir uns erst in Deutschland eingelesen, aber bestimmt kann man das auch vor Ort lernen. Dort haben wir total viel über Kakao lernen dürfen, total spannend!
      Liebe Grüße
      Leo

  2. Liebe Leo,
    gerade bin ich (derzeit haussittend auf der Suche nach Insider-Infos zum Thema Haussitting) auf euer tolles Blog gestoßen (und möchte gern Stunden hier verbringen).
    Mein Mann und ich waren von 2015-2016 ein Jahr auf Weltreise (allerdings einer Luschi-Variante, im Vergleich zu euch) und ich kann deine/eure Gefühle und Gedanken, die du hier beschreibst so sehr nachvollziehen.
    Wir haben die letzten Jahre tatsächlich zum Sparen benutzt und im Juni nächstes Jahr beginnt unsere nächste, diesmal zweijährige Auszeit, bei der wir diesmal vieles anders machen wollen, als beim ersten Mal, und die uns helfen soll, unsere noch immer ungeklärte Frage „Wie wollen wir eigentlich leben?“ zu beantworten oder der Antwort auf diese Frage wenigstens ein wenig näher zu kommen.
    Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr einen Lebensentwurf findet, der für euch passt und mit dem ihr euch immer am richtigen Ort fühlt.

    1. Liebe Claudia,
      danke dir für deinen Kommentar! Wie toll, dass ihr schon so bald schon in eure zweite Reise starten werdet! Da bin ich ja glatt etwas neidisch 😉 Was werdet ihr ändern bei dieser Reise im Vergleich zur ersten? Und in welche Richtung soll es gehen?
      Die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen, beschäftigt uns immer noch, auch wenn wir für den Moment gute Lösungen gefunden haben. Schauen wir mal, was die nächsten Monate bringen werden. Es stehen uns ja (wiedermal) spannende Zeiten bevor…
      Ich wünsche euch alles Gute für eure Reise und hoffe, dass ihr sie wie gewünscht machen könnt!
      Dir noch viel Spaß bei Haussitten und viele liebe Grüße!
      Leo

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