„Tomorrow I will show you turtles!“

Menschen spielen im Abendlicht Fußball am Strand

„I will show you the turtles! Tomorrow! With my boat!” Ungläubig schaue ich unseren Nebensitzer an. Mit Klaus und Jutta, die wir in Muscat in unserem Hotel kennen gelernt hatten und die uns zufällig in unserem zweiten Stopp in Sur über den Weg gelaufen sind, sitzen wir in einem kleinen Restaurant. Eigentlich wollten wir nur schnell etwas zu Abend essen, bevor wir uns nach einem langen Tag müde in unser Hotelzimmer verziehen können. Klaus war begeistert von unserem Nebensitzer. „Sieht er nicht toll in seiner Dishdasha aus?“ „Frag ihn doch, ob du ihn fotografieren darfst“, schlage ich ihm vor. Nach einem ersten Missverständnis – „of course I can take a photo from you“ – lässt sich Mubarak von Klaus fotografieren und wir kommen ins Gespräch. Und nun diese Einladung zu einem unverhofften Bootausflug. Klaus und Jutta sind begeistert. Ich merke, wie ich zurückhaltend reagiere. Was möchte dieser Mann von uns? Alles nur eine Einladung, so ganz ohne Hintergedanken? Das kann ich mir nicht vorstellen. Bestimmt möchte er am Ende doch Geld, überlege ich mir. Aber auch wenn, wir hätten einen tollen Bootsausflug gemacht, den wir ohne ihn nicht in Angriff genommen hätten. Und so teuer wird es schon nicht werden.

Am nächsten Morgen sind wir um 9 Uhr am Hafen verabredet. Sebastian hat zur Eile gedrängt, wieder mal will er auf keinen Fall zu spät kommen. So stehen wir pünktlich um 9 Uhr am Hafen und blicken in alle Richtungen. Klaus und Jutta sind nirgends zu sehen und auch von Mubarak keine Spur. Wie verbindlich war seine Zusage wohl, überlege ich mir. Ob er noch kommen wird oder ob es mehr eine „rhetorische Einladung“ war? Doch da sehen wir eine Person am Strand winken. Ist er das? Auf die Entfernung können wir es nicht sagen. Die Person nähert sich und tatsächlich – es ist Mubarak. „How are you, my friends? Where are the other two Germans?“. Endlich kommen Klaus und Jutta mit ihrem Mietauto um die Ecke gebogen und wir sind komplett. Mit Mubarak gehen wir an den Strand und steigen in ein kleines Boot. Dieses gehört seinem Onkel, sein eigenes hat er verkauft, erklärt er uns. Und gemeinsam haben sie extra ein Sonnensegel für uns montiert. „It is hot! I don’t want you to get problems, my friends!“.

Mit einer halben Stunde Verspätung beginnen wir unseren Bootsausflug in die Lagune von Sur und erreichen bald eine Sandbank. Auf den ersten Blick ist nichts Spannendes zu sehen, das Meer liegt ruhig und bewegungslos vor uns. Auf einmal tönt ein lautes Schnaufen durch die Luft. „That was a turtle“, weist uns Mubarak auf das komische Geräusch hin. Mit mehr Interesse mustern wir die Wasseroberfläche und können die ein oder anderen Schildkrötenköpfe aus dem Wasser auftauchen sehen. Aber sobald die Schildkröten uns zu entdecken scheinen, sind sie auch schon wieder weg. Nach einer Weile schmeißt Mubarak den Außenmotor wieder an und wir fahren zur Dhau-Werft, die nicht weit entfernt ist. Große, schöne traditionelle Boote, Dhau genannt, liegen vor der Werft, die auch ein Museum ist, vor Anker. Eines der handgefertigten Boote befindet sich in der Werft und wirkt schon recht fertig. Mubarak berichtet uns über den Dhau-Bau, mittlerweile werden die Boote in der Regel nicht mehr aus Holz, sondern aus Fiberglas gebaut. Doch wir haben Glück. Eine reiche saudische Familie hat eine Dhau in Auftrag gegeben und in der Werft dürfen wir mit einer Leiter auf das etwa 20 Meter hohe Boot klettern. Wie schade, dass diese Dhaus immer weniger gebaut werden!

Mubarak steht in einem Boot auf dem Wasser
Mubarak nimmt uns mit auf einen Bootstip
Sebastian blickt aufs Meer
Sebastian sichert sich die pole position
Meer
Der kleine schwarze Punkt ist eine Schildkröte, die Luft schnappt
Dhau-Werft mit einem eingerüsteten Holzschiff
In der Dhau-Werft
Ein Mann arbeitet am Kiel einer Dhau
An der Dhau wird fleissig gearbeitet

„Can you see also dolphins here?“ frage ich Mubarak. “Of course, my friend! I will show you!” Mit Begeisterung wendet Mubarak das Boot und statt zurück in den Hafen, wohin wir eigentlich wieder wollten, steuert er auf’s offene Meer. „How far do we have to go?“ frage ich ihn nach einer Weile. Etwas besorgt mustere ich das mittlerweile weit entfernte Ufer und die höher werdenden Wellen. Unser Boot kommt mir auf einmal sehr klein und wacklig vor. „Don’t worry! Inshallah we’ll see the dolphins very soon!“. Mubarak lacht über meine Sorgen. Immerhin wirken auch meine Mitreisenden langsam nicht mehr ganz pudelwohl in unserer Nussschale. Delphine entdecken wir an diesem Vormittag leider keine. Aber wir treffen einen Fischer, der uns stolz seinen gefangenen Thunfisch zeigt. Mit über einem Meter Länge ein beachtliches Exemplar.

Ein Mann hält einen Thunfisch auf einem Boot
Ein Fischer präsentiert uns stolz seinen soeben gefangenen Thunfisch
Leo vor dem Meer und einem Turm
Wieder in Hafennähe
Dhaus im Hafen und eine Moschee im Hintergrund
Blick vom Hafen auf Sur und die große Moschee
Fischer stehen auf einer Dhau und halten ein Fischernetz
Fischer

Zurück im Hafen möchte Klaus Mubarak ein Trinkgeld überreichen. Wir hatten uns davor im Boot darüber unterhalten und besprochen, ihm für seine Mühen etwas zu geben. „But no, my friend! I don’t want money. It is just for fun!“. Unbeirrt drückt Mubarak dem verdutzen Klaus sein Geld wieder zurück in die Hand. „Are you sure?“ „Very sure! It’s just for fun!“ Ich beobachte die Szene und mir kommt der Gedanke, dass ich fast noch nie einen Menschen getroffen habe, der ohne Hintergedanken, einfach nur aus Lust und Laune heraus, anderen so einen schönen Tag beschert hat. Ich nehme mir fest vor, mir wenigstens ein bisschen von dieser Großzügigkeit und Freundlichkeit mit nach Hause zu nehmen!

Klaus und Jutta verlassen uns, sie müssen wieder zurück nach Muscat, um ihren Flug am nächsten Tag zu bekommen. Sebastian und ich möchten die nächsten zwei Tage noch in Sur bleiben, bevor wir unseren Roadtrip die Ostküste entlang nach Süden beginnen. „How long will you stay, my friends?“, fragt uns Mubarak. Als er von der geplanten Dauer von zwei Tagen hört, bekommen wir einen top Reiseplan vorgestellt. „We can have lunch now and afterwards I’ll bring you to your hotel. Take a rest and we will meet tonight. After having dinner – maybe I’ll bring my cousin Abdullah? – we’ll drive to Ras Al Jinz and I will show you the beautiful and big turtles! Tomorrow we’ll go snorkelling and I will think for something nice in the evening. But, my friends, why are you leaving already the following day? You have to stay longer, here is so much to see!” Entgeistert schauen wir Mubarak an. Ist das sein Ernst? Was macht er so den lieben langen Tag, dass er sich so um sich kümmern kann? Wer ist dieser Mann überhaupt? Ist er ein reicher Scheich und wir wissen es gar nicht? Er lacht herzlich über meine Frage und verneint. „You are my friends. And I like to spend time with you.“ Wieder einmal bin ich verwirrt von seiner Antwort und habe einen kleinen Zweifel in mir, ob ich das so glauben kann. Keine Absichten? Keine Hintergedanken? Es fällt mir nicht ganz leicht, diese Freundlichkeit einfach so anzunehmen und das macht mich etwas traurig. Freudig verabreden wir uns deshalb für den folgenden Tag – wir haben uns für die Schnorcheltour und den Besuch der großen Schildkröten entschieden – und besprechen, den Rest des Programms auf uns zukommen zu lassen und uns nicht heute gleich komplett zu verplanen. „Inshallah“ – „so Gott will“ – ist eines von Mubaraks Lieblingsausrufen und das machen wir uns in diesem Fall zu Nutzen :-).

Mubarak neben einem Kamel
Mubarak stellt uns den Kamelen seines Cousins vor
Sebastian neben einem jungen Kamel
Sebastian mit dem Kameljungen
Leo streichelt ein Kamel am Kopf
Leo mit der Kamelmama, das Kopftuch dient übrigens nur dem Sonnenschutz
Ein Auto am Ufer vor einem Leuchtturm
Abendstimmung in Sur nach einem langen Tag
Eine junge Schildkröte
Nachts bekommen wir tatsächlich noch Schildkröten zu sehen – hier die „baby turtle“, die tagsüber am Strand geschlüpft war und nachts vom Ranger ins Meer gesetzt wird
Eine große Schildkröte am Strand
Und dann auch noch eine große Schildkröte, die nach der Eiablage zurück auf dem Weg ins Meer ist

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